Sind Ihre Kredite risikorelevant oder nicht? Diese Frage sollten Sie Ihren Banken und Sparkassen stellen. Denn von der Antwort hängt vieles in der Kreditbearbeitung ab.
Die Bankenaufsicht unterscheidet: risikorelevant oder nicht
In den „Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute (MaRisk)“ legt die Bankenaufsicht BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) detailliert fest, welche Regularien alle Kreditinstitute im Kreditgeschäft zu beachten haben. Die Einhaltung prüft die Bankenaufsicht über die jährlichen Jahresabschlussprüfungen der Kreditinstitute und durch Sonderprüfungen.
In den MaRisk räumt die BaFin den Kreditinstituten die Möglichkeit ein, ihre gesamten Kredite zu unterteilen in zwei Kategorien:
• risikorelevant
• nicht risikorelevant
Bis zu welcher Kredithöhe eine Bank oder Sparkasse ihr Kreditgeschäft als „nicht risikorelevant“ definiert, legt jedes Institut im Rahmen der eigenen Kreditrisikostrategie fest. Diese Grenze bezieht sich immer auf das Gesamtengagement (Summe aller Kreditlinien eines Kunden). Die Grenze liegt umso höher, je größer das Institut ist (Maßstab: Bilanzsumme). Die Bankenaufsicht zieht allerdings eine Obergrenze bei einem Gesamtengagement von € 750.000. Kreditengagements über dieser Grenze sind also immer risikorelevant.
Nicht-risikorelevant: Vorteile für Kreditinstitute
Für die nicht-risikorelevanten Kredite können die Kreditinstitute ihre Arbeitsabläufe vereinfachen. Das ist letztlich auch das übergeordnete Ziel dieser Regelung. Das heißt konkret: Die Bonitätsprüfungen sowohl bei neuen Krediten wie bei laufenden Kreditengagements sind weniger komplex, gehen damit schneller und stellen auch weniger Anforderungen an die von den Kreditnehmern benötigten und vom Institut zu analysierenden Unterlagen. Damit haben die Institute einen Anreiz, die Grenze möglichst hoch anzusetzen. Dies hängt aber auch vom Gesamtrisikogehalt aller Kredite einer Bank oder Sparkasse ab. Und darauf achten auch die Prüfer.
Höhere Anforderungen an Kreditnehmer
Wenn Ihr Kreditengagement bei einer Bank oder Sparkasse risikorelevant ist, dann hat das in der Regel folgende Konsequenzen:
- Ihr Unternehmen wird einmal im Jahr einem kompletten Ratingprozess unterzogen:
– Analyse letzter Jahresabschluss (quantitative Analyse)
– Beantworten eines Fragenkatalogs zur kaufmännischen Unternehmensführung durch den Betreuer und Plausibilisierung der Antworten durch dessen Kollegen in der Marktfolge der Bank (qualitative Analyse)
– Analyse der laufenden Kontoführung - Bei neuen Kreditanfragen Ihrerseits wird das Rating aktualisiert
- Das ESG-Risiko-Scoring wird unternehmensindividuell ausgewertet
- Es werden Planzahlen zu Ertrag und Liquidität verlangt
- In den Kreditverträgen wird eine laufende unterjährige Berichterstattung über die Geschäftsentwicklung vereinbart
Das wiederum bedeutet: Sie müssen deutlich mehr Informationen und Unterlagen der Bank übermitteln. Dabei ist eine schnelle und damit aktuelle Bereitstellung positiv (z.B. Jahresabschluss spätestens sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres).
Ihre Kredite: risikorelevant oder nicht – Sie sollten es wissen
Mit Blick auf die geschilderten höheren Anforderungen ist es sinnvoll zu wissen, wie Ihre Kreditgeber Ihre Kredite einordnen. Also fragen Sie danach. Wundern Sie sich aber nicht, wenn Ihr Betreuer Sie erstaunt anschaut: Mit einer solchen Frage rechnet er nicht. Das bedeutet aber auch: Er erkennt, dass er einen informierten Kunden hat. Das sollte sich durchaus positiv auf Ihre Verhandlungsposition auswirken. Fragen Sie nach den Anforderungen der Bank bezüglich der oben genannten Themen. Dann können Sie mit entsprechenden Informationen und Unterlagen Ihre Verhandlungsposition weiter ausbauen.
Nicht-risikorelevant: Alles bestens und wunderbar einfach?
So könnte man denken. Aber wer weiß schon, wie schnell die eigenen Kredite plötzlich risikorelevant werden? Z.B. weil
- ein neuer Kreditwunsch das Gesamtengagement über die von der Bank definierte Obergrenze hebt,
- die Bank die Obergrenze aufgrund der eigenen Risikosicht auf ihre gesamten Kredite reduziert,
- das Kreditengagement individuell im Rating schlechter bewertet wird und daher individuell dem risikorelevanten Bereich zugeordnet wird.
Also heißt es: Dran bleiben und vorbereitet sein. Und ggf. z.B. Jahresabschluss oder vierteljährliche BWA auch an die Kreditgeber senden, wenn diese gar nicht angefordert werden. So sind die Kreditgeber zumindest informiert. Sprechen Sie auch das ruhig mit Ihren Banken an.
Und bedenken Sie bitte: Die ständige Analyse der laufenden Entwicklung Ihres Geschäftsgirokontos als Basisbaustein der Kreditirisikoüberwachung und -früherkennung läuft natürlich auch bei nicht-risikorelevanten Krediten ständig mit.
Risikorelevant oder nicht: Wie gut ist Ihre Verhandlungsposition?
Neben der Frage risikorelevant oder nicht kommt es natürlich in Kreditgesprächen immer auf Ihre Verhandlungsmachtposition an! Diese sollten Sie realistisch einschätzen können! Einen guten Einstieg in die Antwort auf die Frage nach der Stärke Ihrer Verhandlungsmachtposition gibt die „Checkliste Unternehmensfinanzierung“ der KMU-Berater. Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit für diesen kostenlosen Selbstcheck. Er zeigt Ihnen direkt auf, auf welche Themen Sie eventuell stärker blicken sollten, um Ihre Unternehmensfinanzierung auf ein dauerhaft sicheres Fundament zu stellen.
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