Jahresabschluss wann erstellen?!

Jahresabschluss wann erstellen?! Das ist hier nicht nur die Frage – sondern auch eine Herausforderung in mehrfacher Hinsicht.

Herausforderung 1: Der Gesetzgeber

Für den Gesetzgeber ist die Sache klar. Er schreibt im Handelsgesetzbuch (HGB) vor, bis wann der Jahresabschluss zu erstellen ist:

  • Kapitalgesellschaften: In den ersten drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres – also meistens bis 31. März (§ 264/1 Satz 3 HGB)
  • Ausnahme: Die kleine Kapitalgesellschaft hat sechs Monate Zeit – also bis zum 30. Juni (Definition kleine: weniger als 12 Mio Umsatz, weniger als 6 Mio Bilanzsumme, weniger als 50 Mitarbeitende – ein Kriterium darf überschritten sein) (§ 264/1 Satz 4 HGB)
  • Einzelunternehmen, Personengesellschaften: Innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit (§ 243/3 HGB). Interpretation: Warum sollte hier ein anderer Maßstab der Ordnungsmäßigkeit gelten als bei Kapitalgesellschaften?!

Herausforderung 2: Was das Unternehmen braucht

Auch das ist klar: Die Frage „Jahresabschluss wann erstellen?!“ ist in erster Linie aus der Sicht des Unternehmens zu beantworten. Unternehmen brauchen möglichst schnell Klarheit über die Ergebnisse des letzten Geschäftsjahrs, um für das neue und damit laufende Geschäftsjahr einen klaren Kurs abstecken und steuern zu können. Je früher der Jahresabschluss vorliegt, umso besser. Und letztlich ist das alles eine organisatorische Frage. Unterstützung erhalten Unternehmen dafür durch die beiden Checklisten auf www.jahresabschluss-check.de. Der Gesetzgeber hat an dieser Stelle also sehr wirtschaftlich gedacht! Und das gilt in den widrigen Zeiten, in den wir derzeit leben, noch einmal stärker. Deshalb muss die Vorbereitung des Jahresabschluss 2022 spätestens im Oktober beginnen – siehe die erste der beiden Checklisten „Vorbereitung“. Übrigens: Eine qualifizierte BWA unterstützt sehr bei diesem Thema! Ist Ihre BWA eine qualifizierte – machen Sie den BWA-Test.

Herausforderung 3: Die Kreditgeber wollen es wissen

Natürlich analysieren Kreditgeber die Zahlen der Vergangenheit – siehe diesen Beitrag auf dieser Seite. Und je aktueller diese sind, umso besser. Also ist auch an dieser Stelle klar: Kreditgeber haben dasgleiche Interesse wie die Unternehmen. Und Kreditgeber bewerten die Aktualität des Jahresabschlusses (also wann er vorliegt) im Rating. Wie das konkret aussehen kann, macht jetzt das Internetkreditportal october.eu deutlich. In seinem Newsletter vom 27.07.2022 schreibt october.eu: „Übrigens: Bis zum Stichtag 30.09.2022 reicht uns zur Kreditanalyse der Jahresabschluss per 31.12.2020 – danach benötigen wir zwingend den Jahresabschluss für das Jahr 2021.“ Fragen Sie doch mal bei Ihren Kreditgebern nach, wie sich ein Jahresabschluss im Rahmen der gesetzlichen Fristen im Rating auswirkt (mehr zum Rating in meinem Buch im „Kapitel 4.2 Risikoklassifizierung oder Rating“).

Herausforderung 4: Die Steuerberatungskanzlei mitnehmen

Die beschriebenen gesetzlichen Fristen stehen für viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nur auf dem Papier – das erlebe ich in der KMU-Beratung immer wieder. Der Hintergrund sehr oft: Der Steuerberater schafft das einfach arbeitsmäßig nicht. Andererseits: Der Steuerberater ist der Dienstleister seiner Mandanten. Dann sollte er doch seine Arbeitsprozesse so organisieren, dass er die Anforderungen seiner Kunden erfüllen kann. Denn auch hier ist das – siehe Herausforderung 2 – „nur“ eine organisatorische Frage. Dabei hilft übrigens Checkliste 2 „Erstellung“.

Viele Steuerberatungskanzleien argumentieren mit anderen Fristen als denen aus dem HGB (Herausforderung 1) – nämlich mit den steuerlichen Fristen zur Abgabe der Steuererklärungen: Dabei wird der 31.07. des Folgejahres oder gar der 28. Februar des Folge-Folgejahres genannt. Das sind Fristen, die der „Lobbyarbeit“ der Steuerberaterverbände zu verdanken sind. Und der Gesetzgeber hat diese gerade mit Blick auf die Corona-Belastungen der Steuerberatungskanzleien nochmals nach hinten geschoben. Bei allem Verständnis für die derzeitige Be- und sogar Überlastung Ihres Dienstleisters Steuerberatungskanzlei: Erst einmal sind Sie für Ihr Unternehmen verantwortlich.

Herausforderung 5: Es jetzt anpacken

Wenn Sie derzeit die gesetzlichen Fristen nicht einhalten und die Vorgehensweise zur Jahresbschluss-Erstellung nicht Ihren Vorstellungen entspricht, dann packen Sie das Thema jetzt für den Jahresabschluss 2022 bei den Hörnern! Und ggf. beschleunigen Sie die noch nicht erfolgte Erstellung des Jahresabschluss 2021.

Weitere Hinweise zu diesem Themenkreis finden Sie hier im Menüpunkt „Aktuelles“ und ebenso auf www.bankgespraeche.de.

Und wenn Sie das Thema  von der grundsätzlichen Seite angehen wollen, dann nutzen Sie das kostenlose NRW.BANK.Unternehmerseminar „Jahresabschluss und BWA zur Unternehmenssteuerung nutzen“.

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