Vorwort 3. Auflage

Lesen Sie im Vorwort zur 3. Auflage vom September 2021, worum es mir in meinem Buch „Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln“ für Sie als Unternehmer:innen und Berater:innen geht:

Vorwort zur 3. Auflage

Als dieses Buch 2012 herauskam, war der Begriff „Kreditklemme“ als mögliche Folge der Finanzkrise von 2008/2009 vielen Unternehmer:innen und Berater:innen noch sehr präsent. Bei der 2. Auflage aus dem Jahr 2015 war der Begriff dank des guten Konjunkturverlaufs seit 2010 ganz überwiegend in Vergessenheit geraten . Und heute im Jahr 2021? Die Corona-Krise stellt viele Unternehmen in ihrer Finanzierung vor große Herausforderungen. Und vor großen Herausforderungen stehen auch viele Kreditinstitute: Sie müssen steigende Risikokosten bei dauerhaft rückläufiger Ertragslage verkraften. Damit werden viele Banken und Sparkassen ihre Risikobereitschaft im Kreditgeschäft zurücknehmen.

Daher ist es heute sinnvoll, die drei Dimensionen/Ausgangslagen einer Kreditklemme wieder vor Augen zu haben:

  1. Die volkswirtschaftliche Entwicklung, die sozusagen als „exogener Schock“ die Unternehmen und/oder die Kreditgeber trifft. Das gilt für die Situation heute mit der Corona-Krise wie Ende 2008 mit der vom Immobilienmarkt der USA ausgehenden Finanzkrise.
  2. Die Situation eines Kreditgebers, der auf Basis der aufsichtsrechtlichen Vorgaben und der Risikostruktur seines Kreditgeschäfts dieses nicht mehr oder nur sehr risikoscheu ausweiten kann bzw. darf. Diese Situation tritt kreditgeber-individuell immer wieder ein. Im Extremfall spricht man dann von der „Schieflage“ z. B. einer Sparkasse oder Genossenschaftsbank, die durch die jeweilige Sicherungseinrichtung unterstützt oder aufgefangen werden muss. Die bereits über Jahre anhaltende Tiefzinspolitik der EZB und die zunehmende Regulatorik belasten seit Jahren die Ertragslage der Kreditinstitute und könnten wieder zu einer deutlichen Kreditzurückhaltung vieler Institute führen.
  3. Die Situation eines Unternehmens, das aufgrund seiner negativen wirtschaftlichen Entwicklung auf immer geringere Kreditbereitschaft seiner Fremdkapitalgeber stößt – bis zum Kreditstopp und zur Kreditkündigung.

Besonders fatal wird es dann, wenn sich zwei oder gar alle drei Entwicklungen im Fokus eines konkreten Unternehmens überlappen. Die Corona-Krise wird voraussichtlich in mehr Fällen, als allen Beteiligten lieb ist, in diese Richtung führen.

Wie können Unternehmer:innen agieren, damit sie eine starke Verhandlungsposition gegenüber ihren Kreditgebern aufbauen? Und wie können Berater:innen diese dabei gezielt unterstützen? Das ist die Kernfrage, und der Begriff „Verhandlungsmacht“ oder „Verhandlungsposition“ zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Buch.

Das Ziel muss sein, auf Basis einer klaren Finanzierungsstrategie und Sicherheitenstrategie und damit einer stabilen „Finanziererlandschaft“ Phasen von Kreditklemmen der Arten 1 und 2 gut zu überstehen und in eine Kreditklemme der Art 3 möglichst erst gar nicht zu geraten! Diesen Themen (noch) mehr Aufmerksamkeit im Rahmen der kaufmännischen Unternehmensführung zu widmen, gehört zu den „Chefaufgaben“ im Mittelstand – um mit Kreditgebern (noch besser) auf Augenhöhe verhandeln zu können.

Dafür gibt es (leider) keine Musterlösungen! Was es gibt, ist ein Werkzeugkasten, aus dem Unternehmer:innen und Berater:innen je nach Situation und Zielen das jeweils passende Werkzeug entnehmen und nutzen können. Als ein solcher Werkzeugkasten versteht sich dieses Buch.

Der Inhalt dieses Werkzeugkastens hat sich in den letzten Jahren an vielen Stellen nochmals deutlich verändert und auch erweitert. Daher ist diese dritte Auflage grundlegend überarbeitet und aktualisiert worden. Viele Kapitel wurden auch deutlich erweitert: In zwölf der 14 Kapitel aus der 2. Auflage wurden weitere Unterkapitel aufgenommen. Die Erweiterungsthemen betreffen z.B. die Digitalisierung von Bankprozessen, Neuerungen in den Vorgaben der Bankenaufsicht, die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Kontext von Kreditentscheidungen, neue Finanzierungsalternativen u.a. und vor allem im Internet, Verdeutlichungen u.a. mit Blick auf die Frage der Verhandlungsmachtposition von Unternehmen gegenüber ihren Kreditgebern. Außerdem kommen die Kapitel 15 zu den Besonderheiten der aktuellen Corona-Situation und 16 speziell für die Zielgruppe Berater:innen neu hinzu.

Das Buch richtet sich an zwei Gruppen:

  • Unternehmer:innen, die allein oder mit Unterstützung ihrer Berater:innen ihre Kommunikation mit Kreditgebern verbessern und auf eine solide dauerhafte Basis stellen wollen. Zielgruppe sind Unternehmer:innen, die bereits einige Jahre am Markt erfolgreich sind. Die speziellen Aspekte der Bankenkommunikation bei Existenzgründungen werden nicht behandelt. Auch die ganz spezifischen Aspekte der Krisen- oder Sanierungs-Phase eines Unternehmens sind nicht Gegenstand dieses Buches. Vielmehr geht es darum, durch eine vorausschauende Unternehmensführung zu sichern, dass Krisenphasen gar nicht erst erreicht werden.
  • Steuerberater:innen und Unternehmensberater:innen, die ihren Mandanten bei der Bankenkommunikation erfolgreich zur Seite stehen wollen – und zwar sowohl aus freiberuflicher als auch angestellter Tätigkeit heraus (Letztere z. B. als Mitarbeiter:innen von Wirtschaftsförderungen, Verbundgruppen, Verbänden, Einkaufsgenossenschaften, Kammern, . . .). Dabei spielt das Berater:innen-Netzwerk eine besondere Rolle. Deshalb widme ich dieser Zielgruppe des Buches mit dem Exkurs in Kapitel 16 einen besonderen Abschnitt.

Wenn hier von „Kreditgebern“ die Rede ist, wird hauptsächlich über Banken und Sparkassen gesprochen; aber auch Leasinggeber, Factoring-Gesellschaften und auch Lieferanten oder Internetportale als weitere Fremdkapital-Lieferanten arbeiten grds. nach den gleichen Prinzipien.

Dieses Buch ist darüber hinaus auch ein guter „Impulsgeber“ für die Mitarbeiter:innen von Kreditgebern, also z. B. Gewerbe- und Firmenkunden-Betreuer:innen von Kreditinstituten oder Verantwortlichen für das Forderungsmanagement in Unternehmen: Wer mit seinen Kunden wirklich partnerschaftlich verhandeln will, sollte deren Situation einschätzen und sogar unterstützen können. Kompetente Verhandlungspartner:innen auf der Kundenseite sind zwar nicht immer einfach – aber letztlich werden für beide Seiten schneller produktive und dauerhaft tragfähige Ergebnisse erzielt.

Nebenbei: Wenn hier von der Kommunikation mit Kreditgebern gesprochen wird, so gelten viele der angesprochenen Aspekte und Themen auch für die Kommunikation mit Eigenkapitalgebern, bei denen aber weitere Aspekte aus der Haftungssituation des Eigenkapitals hinzukommen.

Meine Informationsquellen sind meine eigenen Erfahrungen aus 20 Jahren leitender Tätigkeit in Banken und 22 Jahren selbständiger Tätigkeit als Berater und Referent. Mein Fachwissen halte ich u. a. aktuell über die Lektüre der Fachzeitschriften aus der Bankenwelt. Die SparkassenFinanzgruppe hat leider zum 1.1.2019 den Zugang für gruppenexterne Leser:innen drastisch eingeschränkt: Die Betriebswirtschaftlichen Blätter und das Online-Portal der SparkassenZeitung sind nicht mehr zugänglich. Eine für mich nachvollziehbare Begründung habe ich auf Nachfrage dafür nicht erhalten. Daher werden Sie mehr aktuelle Hinweise und Zitate aus der BankInformation der Genossenschaftsbanken finden als aus dem Sparkassensektor. Eine weitere sehr wichtige Informationsquelle ist für mich der Erfahrungsaustausch in der „Fachgruppe Finanzierung-Rating“ im Bundesverband Die KMU-Berater: Seit 2004 profitiere ich von diesem offenen und professionellen Austausch, wofür ich allen Mitgliedern der Fachgruppe in all den Jahren nur herzlich danken kann.

Auf welche Weise dieses Buch einen Werkzeugkasten zur Bankenkommunikation zur Verfügung stellt und wie Sie diesen gezielt nutzen können, lesen Sie im Beitrag „Zur Arbeit mit diesem Buch”. Im Vorwort zur 2. Auflage habe ich über dieses Buch geschrieben: „Nie war es so wertvoll wie heute!“ Ich fürchte, dass diese etwas unbescheidene Zuschreibung mit Blick auf die Corona-Krise leider wieder aktuell geworden ist.

Kaarst, im Juni 2021             Carl-Dietrich Sander

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